Ein Stück Bocholt

Ein Stück Bocholt


Leserbrief eines Pilgers

Seit 16 Jahren wohne ich nicht mehr in Bocholt. Lange genug, um manches Bocholter Geschehen mit einer „anderen Brille” zu sehen. Aktuelles Beispiel: Die Fußwallfahrt nach Kevelaer. In diesem Jahr habe ich ein altes Vorhaben verwirklicht, ich war dabei. Einige Bemerkungen dazu kann ich mir nicht „verkneifen”.

Ich sage es vorweg: Was man da sieht, kann sich sehen lassen, und was man da erlebt, ist erlebenswert. Ein dicker Glückwunsch an die Bocholter, solche Tradition über Jahrhunderte zu pflegen.

Ist das die Tradition einer Schar von Unbelehrbaren, von Ewig-Gestrigen, die sich noch nicht auf „modernes Denken” umstellen konnten, von weltfremden Frömmlingen ? Gewiss nicht. Nein, da sah man nur kernige, fröhliche Gesichter; da gab es nur einfache, unkomplizierte Menschen, die mit beiden Beinen auf der Erde stehen oder besser gehen und mit ihnen „beten”. Nein, das waren Jungen und Mädchen, Frauen und Männer, die weit weg sind von jeder religiösen Gefühlsduselei, die vielmehr erkannt haben, dass aufgeschlossenes christliches Denken „Fortschritt an sich” ist, eben „der” Weg und „die” Wahrheit. Für mich schien es so, als sei eine Abordnung jener Menschen unterwegs, von denen es – wie ich meine – in Bocholt noch überdurchschnittlich viele gibt. Es sind jene Menschen, die ohne viel Aufhebens, aufbauend auf einem soliden christlichen Fundament, ein Gespür für das Richtige haben und es auch tun. Bescheiden, aber überzeugt. Nicht mit vielen Worten, aber kräftig im Zupacken. Dass dabei „Bokelts Platt” in trockener, unverfälschter Manier nicht zu kurz kam, bestätigt nur diese Einstufung. Und dass der Ablauf wie geschmiert lief – ein Kompliment an die Organisation –, passt ebenso in dieses Denkmuster. Die Bocholter wissen halt, was sie wollen ... vieleicht ist das nur noch nicht allen bewusst geworden.

Wer da glaubt, ein Häuflein unverbesserlicher Querdenker marschieren gesehen zu haben, der täuscht sich gewaltig. Diese Truppe bestand aus knallharten Realisten, die einen – in des Wortes vielfältigster Bedeutung – „blasenreichen” Weg nicht scheuen, um zu einem Lebensglück zu gelangen, das nicht auf Sand gebaut ist. Die Muttergottes von Kevelaer wird sich auf ihre Weise bei jedem einzelnen von ihnen bedanken. Keine Frage: Die Fußwallfahrt nach Kevelaer ist „ein Stück Bocholt”. Ich meine, ein gutes Stück.

Heinz Hecking, Menden/Sauerland